Hier werden Dokumente, die nach der Friedlichen Revolution 1989 der Öffentlichkeit zugingen, veröffentlicht.
02.12.1963: Gutachten von Dr. Hans Nadler "Die Pauliner-Universitätskirche zu Leipzig"
Das spätmittelalterliche Bauwerk an der Westseite des Karl-Marx-Platzes, die Pauliner-
Universitätskirche, ist ein Denkmal in Sinne der Verordnung über die Pflege und den Schutz
der Denkmale vom 28. 9. 1961 (GBL. 72, Teil II v. 23. 10.61). In diesem Bauwerk ist in
beispielhafter Weise der Charakter und der Begriff des Denkmals in "künstlerischer,
geschichtlicher und wissenschaftlicher Bedeutung" im Sinne der Verordnung vom 28. 9. 61
manifestiert.
1963_12_02 Gutachten von Dr Nadler.pdf
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30.04.1968: Prof. Amberg formulierte die dringliche Bitte um Erhaltung dieses nationalen Kulturdenkmals erneut
,,Zu einem Zeitpunkt, da neue Pläne zur Bebauung des Karl-Marx-Platzes einer Jury zur Begutachtung vorgelegen haben, erlaubt sich die Theologische Fakultät der Karl-Marx-Universität, als Sachwalterin der Universitätskirche, ihre dringliche Bitte um Erhaltung dieses nationalen Kulturdenkmals erneut vorzutragen. .... Diese Kirche hat eine überregionale Bedeutung. Innerhalb der mittelalterlichen Architekturgeschichte nimmt die 1231 geschaffene Kirche einen bedeutsamen Rang ein. Als einziger erhaltener Bestandteil der alten Universität stellt sie die Kontinuität einer 550jährigen Geschichte dar. Dieser Gebäudekomlex hat durch tatkräftiges Eingreifen Leipziger Bürger den angloamerikanischen Bombenangriff überdauert ..."
2005_11_17 An LVZ zu Amberg.pdf
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17.05.1968: Protest der Theologischen Fakultät durch den Dekan Prof. Dr. Amberg gegen den Abriss der Universitätskirche
»Als Dekan der Theologischen Fakultät bringe ich die unveränderte Einstellung aller theologischen Mitglieder des Rates der Fakultät zum Ausdruck, wenn ich noch einmal auf unsere Auffassung zum Problem Universitätskirche hinweise, wie wir sie mehrfach geäußert haben: Wir können zum geplanten Abbruch der Uni-Kirche nur unmissverständlich Nein sagen. Aus diesem Grund kann ich hier im Senat auch nicht einer Willenserklärung zustimmen, in der der Neubau akzeptiert und begrüßt wird, der den Abbruch der Universitätskirche zur Voraussetzung hat.«
Bereits in einem Text von Prof. Amberg vom 30.4.1968 wird die dringliche Bitte um Erhaltung dieses nationalen Kulturdenkmals angemahnt.
2005_11_17 An LVZ zu Amberg.pdf
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21.05.1968: Dr. Werner Krusche bittet den Oberbürgermeister, dass es nicht zum Beschluß des Abbruch der Universitätskirche kommt
Die Gerüchte verdichten sich, daß der Abbruch der Universitätskirche nunmehr endgültig beschlossen werden solle. Wenn es so ist, so möchte ich Sie in letzter Stunde bitten, Ihren ganzen Einfluß geltend zu machen, daß es nicht zu diesem Beschluß kommt. .... Für den Abbruch der Universitätskirche gibt es keinen zwingenden Grund. Er würde von den christlichen Bürgern der Stadt für einen sinnlosen Zerstörungsakt angesehen werden, der für einen ausgesprochen antihumanistischen Geist zeugte.
(Werner Krusche wird später Bischof der Evangelischen Kirche)
1968_05_21 Krusche an OB.pdf
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23.05.1968: Letzte evangelische Predigt am Himmelfahrtstag 1968 in der Universitätskirche St. Pauli - Predigt durch den Ersten Universitätsprediger, Prof. Dr. Heinz Wagner
Zur gleichen Stunde, da wir hier Gottesdienst halten, fällt im Neuen Rathaus die Entscheidung über das Schicksal unserer Universitätskirche. Wer will es uns verwehren, daß wir aufgewühlt sind? Wir sind ja Menschen! Luther hat in einer Predigt gesagt: “Denn Gott hat den nicht also geschaffen, daß er ein Stein oder Holz sein sollte…Denn das ist er nicht ein fester Mann, der sich so stark dingt, daß er‘s nicht fühlen wollte, so ihm ein gut Freund entfällt.“ Auch über den Prediger flutet eine Welle von Traurigkeit und Bitterkeit. Seit vielen Generationen hat wohl kaum ein Diener Gottes so betroffen und so ratlos auf dieser Kanzel gestanden.
1968_05_23 Predigt Wagner.pdf
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Prof. Dr. hc. Wagner "Impressionen zur Sprengung der Universitätskirche zu Leipzig“.
Wie mir der Erbauer der neuen Oper, Architekt Nierade mündlich mitteilte, habe beim Rundgang Walter Ulbricht auf der Brüstung des neuen Hauses mit dem Finger auf die Unikirche gezeigt und gesagt: "Die Kirche muß weg!"- Es wird auch überliefert, daß er heimlich die Kirche besucht habe. Er kannte. also auch ihre innere Schönheit. Sie erfassen konnte er wohl nicht.
Wagner_zur_Sprengung.pdf
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23.05.1968: Auszug aus der Rede des Oberbürgermeisters Walter Kresse auf der 15. Tagung der Stadtverordnetenversammlung - Die Vernichtung der Universitätskirche
Unserer sozialistischen Gesellschaftsordnung ist es vorbehalten, den Platz völlig neu zu gestalten. Dabei haben wir den Mut, mit Kühnheit und hoher Verantwortung für unsere sozialistische Gegenwart und Zukunft dieses gigantische Aufbauwerk zu vollenden. Wir werden als Abschluß der Bebauung des Karl-Marx-Platzes auf universitätseigenem Gelände einen neuen zentralen Komplex der Karl-Marx-Universität als Stätte der Forschung, Lehre, Aus- und Weiterbildung errichten. Gebaut wird ein Hauptgebäude mit modernsten Ausbildungseinrichtungen, in dessen
Erdgeschoßzonengestaltung eine besonders wirkungsvolle Kommunikation von studentischer Jugend und
Arbeiterklasse, lernende und sich qualifizierende Bürger, und durch Ausstellungen und andere neue
Formen der Gestaltung eine enge Anteilnahme an den Leistungen der Karl-Marx-Universität ermöglicht
wird.
1968_05_23 Kresse.pdf
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24.05.1968: VP-Protokoll zur Sicherung der Abrucharbeiten der Kirche
Antwort des Sächsisches Staatsarchiv Leipzig auf Anfrage von Stadtrat Obser, dass 8 Akten der Deutschen Volkspolizei durchgesehen konnten. In einer Akte wurde ein Protokollvermerk gefunden.
VP-Protokoll zur Sicherung der Abrucharbeiten der Kirche mit den Schwerpunkten:
- 8-Stundendienst Innenraum
- Kräfteplanung Außensicherung
- Bohrarbeiten beginnen am 27.05.1968
- Sprengung der Kirche für 30.05.68 geplant
Stadtrat Ritter will von Gerichtsmedizin Gutachten, dass nicht mehr ausgegraben werden braucht, da evtl. nur noch Staub vorhanden.
1968_05_24 VP-Protokoll Abbrucharbeiten
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Sprengung der Universitätskirche Sankt Pauli zu Leipzig - 2017 aufgeschrieben von Anne Marlene Gurgel und 2022 dem Paulinerverein übergeben
Zeitzeugenberichte wie von unserem Mitglied Frau Marlene Gurgel sind notwendig, um die Erinnerung an das barbarische Geschehen wach zu halten. Lesen Sie, wie Frau Gurgel 1968 die Sprengung erlebte, von der Etzoldschen Sandgrube in Probstheida eine Balustersäule barg und ein Wappenteil des Epitaphs Welsch vor dem Verfall rettete.
Gurgel Erinnerungen.pdf
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24.05.1968: Pfarrer Hartmut Bartmuß berichtet von einem Schlüssel der Paulinerkirche
Wieder in der Fakultät angekommen (Petersteinweg), wurde mir sofort der Schlüssel abverlangt, man war bereits in Panik! Somit hatte ich als Letzter noch einen Schlüssel unserer Paulinerkirche. Unser damaliger Dekan. Prof. Dr. Ernst-Heinz Amberg, sagte mir vor einigen Jahren anlässlich einer zufälligen Begegnung, er hätte mit mir auch noch die Sakristei ausgeräumt, doch das war mir nicht gegenwärtig; wird aber sicher so gewesen sein.
2007_02_24 Bartmuß zur Sprengung.pdf
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30.05.1968: Baggerhelfer Kratzsch berichtet von der Sprengung der Paulinerkirche am 30.Mai 1968
Der Bagger mit jedem Hup eine Tonne auf die Lastwagen. Am Nachmittag wurde eine Gruft aufgerissen, ein Mann im schwarzen Talar lag darin, in 10 Minuten war alles im Schutt verschwunden. An der Ostseite der Kirche kam ein ca. 75x50 cm großer Bleisarg zum Vorschein. Die Seite ist aufgerissen, obwohl das Blei 1 cm stark ist; in einem darin befindlichen Holzkasten lagen etwa 5 Bein- und Armknochen, sicher eine Überführung. Aus den Grüften unter der Kirche kommen immer wieder menschliche Knochen und Schädel zum Vorschein. Es darf nichts angefasst werden, alles wandert auf die Schuttautos. Die Fahrt geht in Richtung Probstheida, in eine von der Polizei streng abgesperrte Sandgrube, wo alles abgekippt wird. Nun kommen immer mehr Teile der in der Kirche befindlichen Grabdenkmale den Schutthang herab gepoltert, da die Bagger schon ziemlich tief in der Erde stehen. Es ist nicht möglich, auch nur einen der schönen handgestrichenen teils bemalten Mauersteine aufzuheben .....
1968_05_30 Baggerhelfer Kratzsch zur Spr
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30.05.1968: Wie Berufsschüler und ihr Lehrer Herr Zeugner die Sprengung erlebten
Seit feststand, dass die Kirche weg muss, hat uns Herr Zeugner erst recht auf die architektonischen Einzigartigkeiten der Fassade, des Turmes, des Kreuzganges u.v.a. hingewiesen. Schon allein deswegen, um einen wahrheitsgemäßen Gegenpol zu der veröffentlichten parteitreuen Meinung zu bilden, die alles an und in der Kirche negativ in Abrede stellte. Dass die Sprengung just auf die gleiche Zeit und Stunde mit dem Unterricht im Fach Stilkunde und unserem Lehrer Zeugner fiel, war das besonders Makabere am ganzen Geschehen. Zu allem Überfluss ließ es die Windrichtung zu, dass die Detonation bis zur Berufsschule zu vernehmen war. Wir Schüler waren in Sorge um unseren Lehrer; er litt ungemein und er war an diesem Tag nicht mehr in der Lage, den Unterricht wie gewohnt fortzusetzen.
2003_08_16 Neugebauer zur Sprengung.pdf
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Mai 2007: Frau Singer übergibt dem Paulinerverein einen Schädel, der unmittelbar nach der Sprengung der Paulinerkirche aufgefunden wurde (im Mai 2011 übergibt sie eine Erläuterung dazu)
Frau Singer übergibt dem Paulinerverein 2007 einen stark beschädigten Schädel (Unterkiefer fehlt), der unmittelbar nach der Sprengung der Paulinerkirche aufgefunden wurde (im Mai 2011 erfolgte ihre schriftliche Erläuterung). Sie erklärt: Der Schädel wurde durch die Detonation vor eine stehende Straßenbahn geschleudert. Ohne über Konsequenzen nachzudenken, nahm ihn Herr Seifert aus Brandis an sich. Er übergab ihn meinem Vater.
Der LVZ-Artikel vom 28.05.2018 bezieht sich auf den 2007 abgegebenen Schädel.
2011_05 Schädel.pdf
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14_04.2008: Stasi-Hauptmann betrat 24. Dezember 1978 als ein junger Mann von 28 Jahren in Leipzig die Universitätskirche St. Pauli
Es war am Abend des 24. Dezember 1978, da betrat ein junger Mann von 28 Jahren in Leipzig die Universitätskirche St. Pauli, um eine Entscheidung zu finden, die da lautete: "Verlasse ich die DDR oder akzeptiere ich weitere Repressalien durch die DDR-Machthaber?" Dieser junge Mann war bis 1955 politisch sehr aktiv, hatte es bis zum Stasi-Hauptmann gebracht, dann aber begriffen, dass das ganze System korrupt und verbrecherisch war. Er wurde entlarvt und
fast drei Jahre durch alle "Mühlen" gedreht, die der Stasi damals zur Verfügung standen.
2008_04_14 Dähne an PV.pdf
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12.06.2018: Herr Krimmling übergibt dem Paulinerverein einen Schädel, den er 1970 bei Bauarbeiten auf dem Gelände der gesprengten Uni-Kirche fand
Auf Grund des LVZ-Artikels vom 28.05.2018 übergibt Herr Krimmling dem Paulinerverein einen Schädel, den er 1970 bei Bauarbeiten auf dem Gelände der gesprengten Uni-Kirche fand. Er bemerkte in einiger Tiefe am Ende des Förderbandes Knochen. Das Band wurde abgeschaltet, Herr Krimmling gelangte hinab und ortete zwei menschliche Schädel. Nur einer von beiden konnte geborgen werden. Er ist in einem sehr guten Zustand (Ober- und Unterkiefer vorhanden).
2018_06_12 Protokoll Schädelübergabe Kri
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Dezember 2020: Ein Brief von Frieda Spitzbarth an Walter Ulbricht (im Volksmund „Spitzbart“ genannt) aus dem Jahr 1964 wurde dem Paulinerverein durch deren Enkelin übergeben
"Im Nachlass meiner 1964 verstorbenen Omi befanden sich 2 Dokumente, die ich bis heute aufbewahrt habe. Es handelt sich um den Durchschlag eines von ihr verfassten Briefes vom 28.01.1964, gerichtet an den Staatsrat der DDR Walter Ulbricht, in dem meine Omi eindringlichst darum bittet, die Paulinerkirche nicht abreißen zu lassen, entsprechende Gerüchte gab es zu dieser Zeit bereits. Das zweite Dokument ist die originale Antwort aus der Staatskanzlei vom 07.02.1964 mit dem Hinweis, dass 'städtebauliche Maßnahmen durch die örtlichen Staatsorgane geplant und durchgeführt werden' und ihr Schreiben deshalb zurück an den Rat der Stadt Leipzig gesandt wurde.
Beide Dokumente würde ich dem Paulinerverein sehr gerne schenken. Es wäre mir eine große Freude, wenn sie Ihnen zur Vervollständigung Ihrer Dokumentation von Nutzen sein könnten."
1964_01_28 Brief an Staatsrat und Antwor
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Buchauszüge und Recherchen
29.05.2008: DIE ZEIT "Die Angst vor der Kirche" - Von EVELYN FINGER
Wieso nicht gleich das Ganze klimatisieren und Kirche nennen und als Aula nutzen? Der Rektor Franz Häuser ist auch überrascht von dieser Neuigkeit, obwohl er nur wenige Schritte weiter in der Ritterstraße residiert. Er hat übrigens für die Restaurierung der Kirchenschätze gespendet. Wenn er schimpft, dass es die Theologen gewesen seien, die die Kanzel, »das barocke Scheißding«, nicht haben wollten, schwingt sogar etwas wie Missbilligung mit. Aber in der Klimafrage bleibt er cholerisch, ruft aus: »Jetzt ist mal egal, wie, es sind zwei unverträgliche Klimaszenarien! Und die Glaswand darf man nicht zu lange öffnen, weil sonst alles zusammenbricht.«
2008_05_30_zeit_online_die_angst_vor_der
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13. Dezember 2006: Veröffentlichung einer Liste der in der Leipziger Universitätskirche St. Pauli begrabenen Persönlichkeiten durch Wieland Zumpe
Im Jahre 1964 schätzte Dr. Hans Nadler (Denkmalspflege Sachsen) die Zahl der in der Leipziger Universitätskirche St. Pauli begrabenen Persönlichkeiten auf ca. 800. Diesem folgend wird hiermit die erste, noch unvollständige Liste (mit über 680 Namen) freigegeben, damit alle Interessenten (Geschichtsinteressierte, Familienforscher, Übersetzer der Texte, Fahnder von Kunstgut und Schmuck) parallel sich den offenen Fragen widmen können. Die Nennung der Namen ist nur ein erster Schritt vor der notwendigen, umfangreichen Würdigung der Rektoren, Bürgermeister, Ärzte, Theologen, Physiker, Juristen, Mathematiker und vieler weiterer Persönlichkeiten, denen die Universität, die Stadt Leipzig und das Land Sachsen zu Dank verpflichtet ist. Insgesamt bleibt aber festzustellen, daß die sterblichen Überreste der meisten in der Universitätskirche Begrabenen über Jahrhunderte unangetastet bis zum Sonnabendmorgen, den 25. Mai 1968, verblieben.
Link: s unten
Liste der Toten aus der Universitätskirc
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04.02.2021: Recherche nach neuen Quellen zum Verbleib der Gebeine aus der 1968 gesprengten Paulinerkirche im Stadtarchiv
Auf der Grundlage des o.g. Stadtratsbeschlusses hat das Stadtarchiv Leipzig die eigenen Bestände sowie Unterlagen anderen städtischer Einrichtungen, des Bundesarchivs und des Stasi-Unterlagenarchivs gesichtet, um neue Erkenntnisse zum Verbleib der Gebeine aus der Paulinerkirche zu gewinnen. Die Frage nach dem Verbleib der Überreste zahlreicher Bestattungen aus der Universitätskirche St. Pauli wird seit ihrer Sprengung im Jahre 1968 immer wieder gestellt. Besondere Verdienste, dass der Untergang der Paulinerkirche immer wieder thematisiert wird, hat der gleichnamige Paulinerverein, der als Bürgerinitiative mit unermüdlicher Beharrlichkeit auch auf das ungelöste Problem des Verbleibs der in den Gräbern bestatteten Gebeine in Form von Vorträgen, Publikationen und anderen Initiativen hinweist und Aufklärung fordert. Die Informationsvorlage enthält den Aufsatzentwurf mit den Rechercheergebnissen des Historikers Friedemann Meißner.
2021_02_04 Stadtarchiv-Gebeine-Unikirche
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2011: Auszug aus dem Buch von Manfred Wurlitzer zur Universitätskirche St. Pauli "Grabstätten, missachtet, zerstört, vergessen": Die Bergung der Kunstgegenstände aus der Universitätskirche
Nahezu unbekannt bleibt bis heute die Tatsache der vollständigen Zerstörung der zahlreichen historischen Grabstätten in der Universitätskirche vor der Sprengung. Diese Aktion, die unter den Bedingungen einer besonderen Geheimhaltung stattfand, beschrieb der Zeitzeuge Winfried Krause in Gesprächen mit dem Autor aufgrund der Erlebnisse bei seinem Einsatz wenige Tage vor der Sprengung. Zusammen mit den Aufzeichnungen der Stadt Leipzig offenbart sich ein Bild von Pietätlosigkeit, die kaum anders als mit Grabschändung und Grabraub bezeichnet werden kann. die kaum anders als mit Grabschändung und Grabraub bezeichnet werden kann. Die Verantwortlichen hatten dafür Sorge getragen, dass die Spuren verloren gegangen sind, die den Verbleib der Gebeine verraten würden.
Buch Wurlitzer Kap10.pdf
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2015: "Der Umgang mit den Grabstätten" von Manfred Wurlitzer
Nach einer Vorlage des Oberbürgermeisters Kresse beschloss der Rat der Stadt Leipzig am 10.07.1968 die Beisetzung von Gellert in der Abteilung I, Nr. 21 des Südfriedhofes und des Wundarztes Schmid in der Abteiling II, Nr. 120. Ausdrücklich wird betont, die Öffentlichkeit auszuschließen. So wurden die sterblichen Überreste .... ohne Zeremonie bei Nacht und Nebel überführt und beigesetzt. Die mutwillige Zerstörung des Gellert-Sarkophags noch vor der Sprengung des Gebäudes bestätigten mehrere Personen unabhängig voneinander.
Nach kurzer Zeit hieß es aber: ‚Die Orgel wird nicht abgebaut, sie ist Schrott, denn es ist keine Silbermann-Orgel‘.
Sollte die Universität Interesse bekunden, Gebeine bestimmter Personen zu bergen, müssten entsprechende Vorbereitungen .... getroffen werden. Es ist nicht bekannt, dass die Universität diesbezüglich aktiv geworden wäre. So wurden die Grüfte den Baggern überlassen.
Wurlitzer Der Umgang mit den Grabstätten
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Hinweis:
Weiteres zum Buch finden Sie auf der Seite "Veröffentlichungen des Paulinervereins 2011"
Christin Milosevic: "Robert Köbler (1912-1970) und die Leipziger Universitätskirche"
„Sagen Sie bloß, da ist `ne Orgel drin!“ Mit diesen Worten reagierte Chefarchitekt Hermann Henselmann, als ihn der Organist Robert Köbler beschwor, sich für eine Rettung der Orgeln in der Leipziger Universitätskirche St. Pauli einzusetzen....1949 war er zum Universitätsorganisten berufen worden. Seitdem hatte er das musikalische Leben in der Kirche maßgeblich geprägt und weit über Leipzig hinaus Beachtung gefunden. Ältere Leipziger erinnern sich noch heute wohl vor allem an seine lebendigen Improvisationen, denen es an Witz und Ironie nicht fehlte.
2008_02_19 Buch Milosevic über Robert Kö
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Hinweis: Das Buch wurde nur angekündigt; erschien aber nicht
Die unbekannte Tote aus der Paulinerkirche
Professor Dirk Labudde, Fakultät Angewandte Computer‐ und Biowissenschaften der Hochschule Mittweida, rekonstruierte mit seinem Team einen aus der
Paulinerkirche geborgenen Schädel, der von von Wilfried Richard im September 2019 in der Hochschule Mittweida an Professor Labudde zur Schädelrekonstruktion übergeben wurde. Die Untersuchung
ergab, dass der Schädel von einer Frau zwischen 40 und 60 Jahren stammt. Mit der Schädelrekonstruktion gab er der unbekannten Toten aus der Paulinerkirche ein Gesicht. Sie steht stellvertretend
für die über 700 einst in der Kirche Begrabenen, deren Gebeine 1968 in einem unvorstellbaren Akt der Barbarei und Grabschändung in weiten Teilen vernichtet wurden. Am 10.06.2020 fanden die
Dreharbeiten für die Serie „MDR-Zeitreise“ zum rekonstruierten Schädel in der Geschäftsstelle des Paulinervereins und in der Paulinerkirche statt, an der der Finder des Schädels Günther Krimmling
und der Vorsitzende des Paulinervereins Wilfried Richard mitwirkten (s. Seite Fotos 2020).
(Fotos: Hochschule Mittweida)